Deportationen im Dritten Reich

Schrenzerschüler erkunden ehemalige Großmarkthalle in Frankfurt

 

Butzbach (pm). Es ist sehr kalt am Montagmorgen in Frankfurt. Der dichte Nebel verschleiert den Blick auf das hohe Gebäude der Europäischen Zentralbank, auf deren Gelände sich die ehemalige Großmarkthalle befindet. Der Weg um die Halle ist gepflastert mit Zitaten von Augenzeugen der Deportationen im Frankfurter Ostend. Dort lebten zur Zeit des Nationalsozialismus viele jüdische Bürgerinnen und Bürger, die im Keller der Großmarkthalle „gesammelt“ und von dort aus direkt in die Züge Richtung Osten verfrachtet wurden. Vorher mussten die Betroffenen schriftlich erklären, was sie alles besitzen und unterschreiben, dass sie ihr Hab und Gut dem Deutschen Reich vermachen…
Vor der Führung über das Gelände, das übrigens ein Hochsicherheitsgebiet ist, gab es für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 der Schrenzerschule einen Workshop, während dessen in Gruppen Vorwissen zu den Themen „Verfolgte“, „Deportation“, „Großmarkthalle“ und „Täter“ aufgearbeitet wurde. Zu allen Punkten konnten die Jugendlichen spontan viel sagen, nur über die Großmarkthalle wussten sie nichts, außer, dass dort früher ein Großhandel für Obst und Gemüse gewesen ist.
Dass sich im Keller des riesigen Gebäudes grausame Szenen abgespielt haben müssen, war nicht bekannt. Über 10000 Menschen wurden dort in kurzer Zeit – während oben der Verkauf weiterlief – zum Transport in Arbeits- und Vernichtungslager vorbereitet und dann deportiert.
Eine Gruppe von 26 Schülern fällt in dem großen Keller nicht auf, es sollen damals aber 1000 Menschen darin gewesen sein. Viele der jungen Menschen, die bei der Führung dabei sind, zeigen sich betroffen, dass so etwas „so nah an zuhause“ passiert ist niemand versteht, dass das damals nicht aufgefallen sein soll.
Auf dem Nachhauseweg im Zug fragt eine alte Dame: „Hatten Sie einen Schulausflug?“ „Ja,“ sage ich, „wir haben die Spuren der Deportationen im 2. Weltkrieg verfolgt.“ „Sehr gut, es ist heute wichtiger denn je, dass man sich damit beschäftigt!“, erwidert die Dame. Recht hat sie.
Finanziert wurden Workshop und Führung über das Landesprogramm „Löwenstark“.

Zitat, Gleise, Betroffenheit

Im Keller der ehemaligen Großmarkthalle Frankfurt